Die Fotografien, die der gebürtige Neuenburger Henry Brandt (1921-1998) 1953 im Niger aufnahm, werfen wichtige Fragen nach der Darstellung des Andersseins und der Konstruktion von Repräsentationen auf.
Als Autodidakt mit einer Leidenschaft für das Kino wollte Brandt sich anderen Welten öffnen als derjenigen der Nachkriegsschweiz. Auf Anregung von Jean Gabus, Kurator des Museums für Völkerkunde, reist er in den Niger, damals französische Kolonie, mit dem Ziel, Filme, Fotos und Tonaufnahmen zu machen. Von dieser Reise brachte der junge Filmemacher den Dokumentarfilm Les Nomades du soleil (1954) mit, ein Meilenstein in der Filmgeschichte des ethnografischen Kinos, sowie einen wunderschönen Bildband. Indem er die Wodaabe Fulani als eine einfache, aber glückliche Gesellschaft beschreibt, zeitlos, stolz und doch zerbrechlich, wählt der Neuenburger einen rousseauistischen Ansatz, der die koloniale Situation nicht mit einbezieht. Er hält den Wodaabe in einer idealisierten Welt fest, die er der Konsumgesellschaft entgegensetzt und die er sein Leben lang ablehnen wird. Mit seinem Film und seinem Buch erfand er seine eigenen „Nomaden der Sonne“.
Die Ausstellung Henry Brandt, cinéaste et photographe wird am 13. November 2021 im Museum für Kunst und Geschichte in Neuenburg eröffnet und von einer Publikation begleitet.
In diesem Herbst wird auch eine Retrospektive seines filmischen Schaffens in der Cinémathèque suisse präsentiert und eine DVD-Box veröffentlicht.
Musée d’ethnographie de Neuchâtel
4, rue Saint-Nicolas (quartier Château-Collégiale)
CH-2000 Neuchâtel